Das Wunder der Anden

Am 13. Oktober um 15:30 Uhr teilte der Pilot dem Tower in Santiago seine Position und Flughöhe mit. Doch als der Tower eine Minute später das Flugzeug rief, kam keine Antwort … Chilenen, Argentinier und Uruguayer setzten alles daran, die Maschine wiederzufinden. Doch auf den Anden lag außergewöhnlich viel Schnee, und der Flugzeugrumpf war weiß … Die Hoffnung, das Flugzeug zu finden, war daher gering … und noch geringer waren die Chancen, dass einer der Passagiere das Unglück überlebt hatte. Doch es gab Überlebende. Später wurde bekannt, dass einige Tage nach dem Absturz eine Lawine mitten in der Nacht weitere Todesopfer unter ihnen gefordert hatte.

Zehn Tage nach der Katastrophe gab man die Suche auf. Die Überlebenden erfuhren davon aus einem noch funktionsfähigen Radio. Wenn sie überleben wollten, blieb ihnen nichts anderes übrig, als Menschenfleisch zu essen: das Fleisch ihrer toten Freunde. Zehn Wochen später entdeckte ein chilenischer Hirte, der seine Herde in einem Tal in den Ausläufern der Anden weidete, jenseits eines Wildbachs die Silhouette zweier Männer. Der Hirte hielt sie für Touristen – oder gar Terroristen – und ging fort. Am nächsten Tag kam er jedoch wieder und sah, dass die Männer immer noch da waren.

Der reißende Fluss war so laut, dass sie sich unmöglich verständlich machen konnten. Da wickelte der Hirte ein Stück Papier und einen Stift in ein Taschentuch und warf es über den Wildbach. Die beiden bärtigen, in Lumpen gekleideten Fremden schrieben: „Unser Flugzeug ist in den Bergen abgestürzt. Dort oben sind noch vierzehn weitere Überlebende … Wo sind wir?“ Zeitungen in aller Welt sprachen von den „Überlebenden des Jahrhunderts“ und – vielleicht, weil die Rettung zwei Tage vor Weihnachten erfolgte – vom „Wunder der Anden“. (Text: Phoenix)