Staffel 1, Folge 3

  • 3. Meine Kindheit … an der Grenze

    Staffel 1, Folge 3 (45 Min.)
    Im deutsch-niederländischen Grenzgebiet erlebte man als Kind die wechselhafte deutsche Geschichte alles in allem ein wenig anders, vielleicht sogar intensiver als im Rest der Republik. Heute, fünfzig Jahre nach Kriegsende, stehen an den ehemaligen Grenzen nur noch die Reste von Wechselstuben und verwitterten Zollhäuschen.
    Im Unterröckchen schmuggelte die ehemalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt ein Viertelpfund Kaffee über die deutsch-niederländische Grenze.
    Familie Schmidt wohnte in Aachen an der Vaalserstraße unweit des Grenzübergangs, und jede Woche ging Ulla mit ihrer Großmutter „auf die andere Seite“ zum Einkaufen auf dem Vaalser Markt. Der Hinweg wurde zu Fuß bestritten, der Rückweg erfolgte aufgrund der zusätzlichen „Belastung“ mit dem Bus.
    Wer im Grenzgebiet aufwuchs, kam in den 1950er und 60er Jahren unweigerlich mit Schmuggel in Berührung. Ob Kaffee, Butter, Zigaretten oder Petroleum – kaum ein Kind, das nicht mithalf, den Lebensstandard auf der „anderen“ Seite ein wenig zu heben. Vor allem in den Nachkriegsjahren, als die Mütter die Kaffeebohnen dreimal brühten und es montags und dienstags Resteessen gab.
    Auch die legalen Genüsse wie „fluffiges“ Weißbrot, Pommes Frites in der Tüte und Aniszucker gehören zu den Kinderträumen vieler Grenzbewohner. Noch heute schwärmt der Ex-Fußballnationalspieler Rainer Bonhof, aufgewachsen in Emmerich am Rhein, von der Schokoladenbutter, die seine Tante aus den Niederlanden mitbrachte. Ein „Festtag“ für die ganze Familie. Rainer Bonhof war übrigens der erste deutsche Nationalspieler, der eingebürgert wurde. Denn ursprünglich besaß er – seine Eltern waren Niederländer – einen niederländischen Pass. Den deutschen bekam er, nachdem er für Deutschland in der Jugendnationalmannschaft gegen Holland gespielt und das 1:0 geschossen
    hatte. „Rainer“, so hieß es damals, „auf dich werden wir in Zukunft nicht mehr verzichten können.“
    Nirgendwo anders kristallisieren sich die Unterschiede zwischen den Nachbarn noch heute so klar wie im Fußball. Franz van der Grinten, Jahrgang 1967, erinnert sich an das Endspiel der Fußballweltmeisterschaft 1974: Deutschland gegen Holland. Der Jubel im elterlichen Garten war groß, einen Steinwurf weiter auf der holländischen Seite war Totenstille. Die entsprechenden Witze erzählt man sich im Grenzgebiet noch heute: Warum haben die holländischen Kinder so große Ohren? Damit ihre Mütter sie daran hochziehen können, um ihnen jenseits der Grenze den Weltmeister zu zeigen.
    Weiter zurück reichen die Erinnerungen des Bauernsohns Franz Gommans, Jahrgang 1927. Er musste erleben, wie die Grenze im Herbst 1939 mit einem breiten Stacheldrahtverhau abgeriegelt wurde. Nachbarschaftliche und verwandtschaftliche Beziehungen wurden abrupt unterbrochen. Als er 1945 aus dem Krieg nach Hause kehrte, stand der elterliche Hof im „Niemandsland“, in der Sperrzone. Obwohl man sich in den Grenzregionen nach dem Krieg schnell wieder als Nachbarn empfand, haftete den Zöllnern, Hunden, Zäunen und Barrieren in den Augen der Kinder immer etwa Unheimliches an.
    Heimliche Spiele im Wald jenseits der grünen Grenze gehörten zur Mutprobe. Noch in den 1960er Jahren erzählte man den Kindern in Selfkant, der westlichsten Gemeinde Deutschlands, dass kurz hinter dem Ortsschild ein großer Bretterzaun komme – und dahinter das Nichts. Mit diesem Glauben wuchs auch der heutige Bürgermeister Herbert Corsten auf. Als 13-jähriger verdiente er ein kleines Vermögen mit Lebensmitteln, die er bis zum 31. Juli 1963 in einer Scheune hortete. Denn als „der Selfkant“ am nächsten Tag wieder zu Deutschland gehörte, fielen die Zollgebühren weg. Adenauer hatte den Niederlanden die Region für 280 Millionen Gulden abgekauft. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereFr 22.01.2010WDR

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Sendetermine

Do 31.05.2018
17:15–18:00
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Di 07.02.2017
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So 05.02.2017
09:00–09:45
09:00–
Sa 04.02.2017
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Mi 09.07.2014
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Di 08.06.2010
22:45–23:30
22:45–
Fr 22.01.2010
20:15–21:00
20:15–
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