„Kleo“ auf Netflix: Drüben ist die Tapete bunter – Review

Gelungene Stasi-Komödie mit Jella Haase

Rezension von Fabian Kurtz – 18.08.2022, 18:51 Uhr

Jella Haase als Stasi-Killerin Kleo – Bild: Netflix
Jella Haase als Stasi-Killerin Kleo

Am 19. August startet auf Netflix die nächste deutsche Eigenproduktion. Bei „Kleo“ bedient man sich der doppeldeutschen Geschichte, ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede – und eines altbekannten Killermotivs. Dabei begegnet einem zwar nichts Neues, dabei aber viel Gutes.

Die titelgebende Kleo (Jella Haase) ist eine der inoffiziellen Mitarbeiterinnen der Staatssicherheit. Ihr Beruf ist es, unerwünschte Personen sowohl in Ost, als auch in Westberlin zu exekutieren. Als im Jahr 1987 der Berliner Polizist Sven (Dimitrij Schaad) sie in einem Nachtclub beobachtet und sie der Tat beschuldigt, wird sie in der DDR von ihren Vorgesetzten kaltgestellt und ins Gefängnis gesteckt.

Drei Jahre später, Kleo ist wieder auf freiem Fuß, möchte sie sich bei ihren Verrätern rächen. Die Blutspur, die sie dabei zurücklässt, bringt nebst dem Polizisten Sven auch zwielichtige Verbindungen nach Russland auf die Fährte der kessen Auftragskillerin, die mit schonungsloser KGB-Trainingslager-Attitüde die ostdeutsche Postapokalypse aufmischt.

Die Einsamkeit der Killerin nach der Wende Netflix

Die Handlung von „Kleo“ scheint in erster Linie nichts Besonderes zu enthalten, Netflix setzt auch hier verstärkt auf Aussehen, anstatt auf Inhalt. Nebst üppig gestalteten Sets und Kostümen, die die 1980er wieder in Mode bringen sollen, verspricht sich die Serie vor allem von der kinematographischen Farbpalette ihr Qualitätssiegel. Die Farben sind satt, in den Klubszenen kontrastreich, und gediegen in den ruhigen Momenten der Serie.

Regisseurin Viviane Andereggen weiß mit ihrem Baukasten umzugehen und gibt in ihren ersten zwei Folgen der Serie ein einladendes Gesicht. Die Akzente liegen an den richtigen Stellen. „Kleo“ ist nämlich kein hartes Killerdrama, sondern eine wirklich gut geschriebene Komödie. Vor allem Dimitrij Schaad („Die Känguru-Chroniken“) verkörpert Sven als Karikatur eines auf links gedrehten Schimanskis und schafft dadurch komische, wie sympathische Momente.

Auch Jella Haase macht einen guten Job als Kleo. Sie verliert in keiner Sekunde ihren Charakter aus den Augen und verleiht der so harten Killerin ein verspieltes, doch niemals verstörtes Innenleben. Im Gegenteil: Haase verkörpert ihre Figur wie ein offenes Buch. Sie ist ehrlich zu ihren Emotionen, ehrlich zu ihren Mitmenschen und überraschend ehrlich zu ihren Taten. Hätten nur halb so viele bei der Stasi so viel Empathie gehabt, wäre viel gewonnen.

Ziemliche Fallhöhe: Dimitrij Schaad als West-Berliner Polizist Sven Petzold Netflix

Doch Fehlanzeige: Die Welt, die Andereggen und die Autoren Hanno Hackfort, Bob Konrad und Richard Kropf zeigen, ist der unseren ziemlich ähnlich. Das Motto „Anschiss lauert überall“ hängt wie ein Damoklesschwert über der tanzenden Lustgesellschaft, die in den Berliner Klubs das neue Deutschland feiert. Doch nicht ohne Grund philosophieren im selben Moment zwei zugekokste Techno-DJs von einer urmarxistischen neuen Welt, die keine der beiden Konzepte West- und Ostdeutschlands propagiert.

In „Kleo“ gibt es, nicht überraschend, sehr viele Verlierer. Das macht sie nicht nur sympathischer, sondern wie gesagt ehrlicher. Handwerklich solide, verspricht die Serie ein interessanter Sommerausflug in die Vergangenheit zu werden, der Spaß macht und sich selbst nicht so ernst nimmt. Kleine Mängel seien hier und da verziehen, denn Netflix ist tatsächlich ein schönes Stück Fernsehen gelungen.

Diese Rezension basiert auf der Sichtung der ersten zwei Folgen von „Kleo“.

Meine Wertung: 4/​5

Die komplette erste Staffel wird am 19. August bei Netflix veröffentlicht.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

    weitere Meldungen